Derzeit wird für den Klinikneubau insgesamt 7500 Kubikmeter Beton verbaut. Dies entspricht in etwa 20 000 Tonnen Beton und Tausend Fahrmischer-LKWs. Weshalb diese Menge an Beton für unseren Klinikneubau fundamental und dennoch ein wichtiger Grundpfeiler im Bereich des nachhaltigen Bauens ist, verrät uns Christoph Rentsch, Inhaber und Geschäftsleitung der Firma Knecht in einem Interview mit Claudia Kramer (Mitarbeiterin Marketing und Kommunikation, Klinik Arlesheim)
Herr Rentsch, danke, dass Sie sich einen Moment für uns Zeit nehmen und uns ein paar Einblicke in die aktuellen Arbeiten der Klinikneubau-Baustelle geben. Gerne würde die Leserschaft etwas mehr über Sie und Ihr Mitwirken an unserem Neubauprojekt erfahren. Was ist Ihr persönlicher Hintergrund und wie hat Sie Ihr Weg zu unserem Klinikneubau geführt?
Herzlichen Dank für Ihre Einladung und die Gelegenheit, der Leserschaft tiefere Einblicke hinter die Kulissen der Baustelle des Klinikneubaus und unserer Firma zu geben. Am Neubauprojekt mitwirken zu dürfen, ist sowohl für mich persönlich, als auch für die Firma Knecht eine bedeutende und spannende Chance und auch ein Zeichen des Vertrauens und der Anerkennung in unsere Fähigkeiten und Kompetenz.
Aufgewachsen bin ich in einer Bauernfamilie und habe ursprünglich den Beruf des Maurers erlernt. Nach meinem Abschluss an einer Bauführerschule unterrichtete ich dort 15 Jahre lang. Später absolvierte ich die Baumeisterschule und arbeite nun seit weiteren 15 Jahren in der Geschäftsleitung, davon 3 Jahre bei Knecht. Dort bin ich als Teilhaber und Geschäftsführer eingestiegen, dies zeitgleich – im Herbst 2021 – mit dem Start zum Bau des Heilmittellabors (HML). Wir beschäftigen knapp 100 Mitarbeitende und haben in den letzten 15 Jahren insgesamt mehrere hundert Neubauten realisiert, darunter Einfamilienhäuser, Mehrfamilienhäuser sowie Gewerbebauten.
Das Bauprojekt HML wurde erfolgreich bis Herbst 2023 abgeschlossen, und es folgte ein nahtloser Übergang zum nächsten Neubauprojekt – dem Klinikneubau. Die Offertphase und Vergabeverhandlungen dauerten rund 2 Monate. Die Zusage dieses Projekts war für mich persönlich, aber auch für unser Team ein tolles Weihnachtsgeschenk (lacht). Der Neubau ist derzeit unsere grösste Baustelle und für uns auch das erste Spital. Wir freuen uns sehr über die Zusammenarbeit und damit auch eine besondere Erfahrung.
Welche Herausforderungen und Chancen sehen Sie in den Vorbereitungen und der Ausführungsplanung für ein grosses Bauprojekt wie dieses?
Seit Januar sind wir aktiv in den Vorbereitungen für das neue Bauprojekt involviert. Das umfasst verschiedene Bereiche wie Bauablaufplanungen, logistische Aspekte wie die Platzierung von Kränen, die Bereitstellung von Versorgungsleitungen für Wasser und Strom sowie Abstimmungen mit der BLT aufgrund der unmittelbaren Nähe zur Tramlinie. Die Zusammenarbeit mit der Bauleitung ist besonders wichtig in dieser Phase. Anschliessend geht es um die Ausführungsplanung, bei der wir uns intensiv mit Details und Absprachen mit weiteren Beteiligten beschäftigen. Wir stellen Unterlagen zur Umsetzung bereit, bei der allerdings zahlreiche Abhängigkeiten zu berücksichtigen sind. Dies erfordert eine gewisse Flexibilität, da Entscheidungen oft situativ neu getroffen und umgesetzt werden müssen. Diese Herausforderungen bedürfen einer guten Planungsfähigkeit, eines fundierten Fachwissens und vor allem auch Fingerspitzengefühl um alle Beteiligten auf mögliche Änderungen, wie beispielsweise unvorhergesehene Lieferengpässe, vorzubereiten. In der Baubranche gehören diese Gegebenheiten zum Daily Business, dabei macht es mir persönlich enorm Spass Lösungsansätze auszuarbeiten und sowohl unser Team, unsere Kunden als auch alle Beteiligten entsprechend zu briefen und motivieren. Dabei entsteht ein sehr starkes Gemeinschaftsgefühl – ein Wir-Gefühl, das sich aus meiner Erfahrung heraus auch positiv im Ergebnis eines Projekts niederschlägt.
Können Sie uns mehr über die Betonzusammensetzung und der Verarbeitungsmethode berichten?
Derzeit werden im Neubau etwa 7500 Kubikmeter Beton verarbeitet, was ungefähr 20,000 Tonnen entspricht. Dies entspricht etwa tausend Fahrmischer-LKWs. Die Zusammensetzung des Betons besteht aus einem speziellen Kies-/ Sandgemisch, Wasser, Zement und Zuschlagsstoffe. Der Mix dieser Zutaten ist eine Eigenmarke der Firma Knecht. Durch diese Zugabe muss der Beton im flüssigen Zustand nicht, wie sonst im Bauwesen üblich, vibriert werden, um Luftblasen zu verhindern. Die Rede ist dabei von selbstverdichtendem Beton.
Daumen hoch für nachhaltige Ansätze im unverzichtbaren Einsatz von Beton .
Welche Vorteile hat die Zugabe der Zuschlagsstoffe?
Der Mehrwert dieser Zugabe ist enorm. Der Verzicht auf das Vibrationsverfahren bietet eine Reihe von Vorteilen. Zum einen reduziert sich die körperliche Belastung der Baustellenmitarbeitenden, da sie nicht mehr kontinuierlich schwere Vibrationsgeräte halten und bedienen müssen. Dadurch wird das Risiko von Muskelermüdung und Verletzungen minimiert. Des Weiteren entfällt die repetitive Lärmbelastung, was nicht nur das Arbeitsumfeld angenehmer und sicherer gestaltet, sondern auch das Gehör der Mitarbeitenden und nicht zuletzt der gesamten Klinik und direkte Nachbarschaft schont. Zudem ist es wirtschaftlich vorteilhaft, da die Einsparung von Zeit und Energie, die für das Vibrationsverfahren aufgewendet werden müsste, zu einer effizienteren Bauweise beiträgt und die Gesamtkosten des Projekts reduziert.
Das ist interessant und scheint ein wichtiger Baustein im Bereich des nachhaltigen Bauens zu sein. Gibt es weitere Aspekte, die in der Herstellung des Betons auf Nachhaltigkeit abzielen?
Ja, tatsächlich haben wir weitere Aspekte für den nachhaltigen Klinikneubau berücksichtigt. Auf Wunsch des Bauherrn können wir nicht nur recyclierte Zuschlagstoffe einsetzen, sondern jede Betonrezeptur zusätzlich mit dem Zuschalgstoff Pneumatit versehen. Die Integration dieses Materials stellte uns zunächst vor einigen technischen und logistischen Herausforderungen, denen wir durch präzise Planung und Koordination und Anpassungen in unseren Arbeitsabläufen auf unserer Baustelle gerecht werden. Wichtig ist im Umsetzungsprozess eine stetig gleichbleibende Qualität zu gewährleisten. Dabei stellen wir sicher, dass der Beton immer aus denselben Betonwerken stammt. Wir haben dabei eine Vorfertigung in Zusammenarbeit mit verschiedenen Zulieferern organisiert, darunter ein Werk in Lenzburg. Der Beton wird am Produktionsstandort mit Pneuamtit versetzt und im frischen Zustand zu uns geliefert und unmittelbar verarbeitet. Somit wird dieser garantiert frisch und gleichmässig im Beton verteilt.
Die Zugabe von 1.25 dl Pneumatit pro Kubikmeter Beton ist eine innovative Lösung, die europaweit bisher nur selten angewendet wurde. Die Identifizierung und Auseinandersetzung mit dieser Technologie erforderte eine bewusste Entscheidung diesen Weg zu gehen und eine gründliche Prüfung der potenziellen Vorteile und Herausforderungen. Gemeinsam haben wir uns mit dem Bauherrn für diese Zusammensetzung und Vorgehensweise entschieden, weil wir überzeugt sind, dass es insbesondere das Wohlbefinden wesentlich positiv beeinflusst und es dem anthroposophischen Ansatz der Klinik entspricht und letztlich einen enormen Mehrwert für das Endprodukt bietet.
Wie ist das Vorgehen bei der Einbringung des Betons?
Der Beton wird auf die Baustelle geliefert und während des Transports aufgemischt, bevor er mit einem Betonsilo, der am Kran hängt, zur Verwendungsstelle befördert wird.
Der vorangegangene wichtige Arbeitsschritt ist die sogenannte Schalung, bei der die Form für den Beton festgelegt wird. Zum Einsatz kommen vor allem Holzschalungen. Sie können eine besonders glatte und gleichmässige Oberfläche erzeugen, sind nachhaltig und können während ihrer Einsatzdauer mehrfach verwendet werden und am Ende ihrer Lebensdauer leichter recycelt oder abgebaut werden als etwa Metallschalungen. Die Holzschalung hält den Beton sicher und stabil in Position während des Giessens und Aushärtens und beeinflusst das äussere Erscheinungsbild des Betons. Ein spezifisches Merkmal beim Klinikneubau ist, dass der Beton zu einem grossen Teil langfrisitig sichtbar bleibt. Daher müssen bei der Fertigstellung einer Etappe des Baus Massnahmen getroffen werden, um sicherzustellen, dass der Beton bis zur Fertigstellung der Klinik vor Beschädigungen geschützt wird. Die konsequente und gleichmässige Zugabe von Pneumatit trägt dazu bei, dass Wohlbefinden und Stressresistenz auch in betonierten Wohn- und Arbeitsräumen wahrnehmbar wird. Optional kann die Oberfläche des Betons zusätzlich mit Pneumatit-Protect-Farben geschützt werden, sodass nicht zuletzt auch eine hochwertige Optik erhalten bleibt.
Der Beton muss allerdings auch enorm starken Kräften wie Druck-, Zug-, Biege- und Schubkräften standhalten. Hierbei kommen Bewehrungseisen aus verschiedenen Materialien wie Chromstahl, verzinktem Stahl oder rohem Stahl zum Einsatz, um die Tragfähigkeit und Stabilität des Betons sicherzustellen.
Pro Kubikmeter Beton werden rund 125 Kilo Bewehrungseisen verlegt. Das entspricht rund 200 000 Bewehrungseisen, oder rund tausend Tonnen Bewehrung für den gesamten Neubau.
Weshalb braucht es diese Menge an Beton und Bewehrung? Wie ist dies mit dem Konzept des Vollholzgebäudes vereinbar?
In erdbebengefährdeten Gebieten wie Arlesheim ist eine ausreichende Bewehrung und Betonmenge von entscheidender Bedeutung, nicht nur, um den Belastungen während eines Erdbebens standzuhalten, sondern auch, um Hochwasserereignissen zu trotzen. Diese Regionen sind immer wieder starken Erschütterungen ausgesetzt, die zu erheblichen Spannungen und Belastungen in den Bauwerken führen können. Die Verwendung von Beton, insbesondere für Fundamente und tragende Elemente, widerspricht dem Konzept eines Vollholzgebäudes nicht. Vielmehr ergänzt der Beton die Holzbauweise, indem er zusätzliche Stabilität und Langlebigkeit bietet, insbesondere in Bereichen, die besonderen Anforderungen an die Tragfähigkeit und Sicherheit unterliegen, wie zum Beispiel Erdbebensicherheit und Hochwasserschutz. Durch die gezielte und sparsame Verwendung von Beton wird die Nachhaltigkeit des Bauwerks verstärkt, ohne die grundlegende Holzbauweise zu beeinträchtigen. Die Bewehrung dient dazu, Zug- und Biegekräfte gleichmässig zu verteilen, was wiederum die Spannungen im Beton reduziert und das Risiko von Brüchen verringert. Holz allein als Baumaterial würde nicht ausreichen, um diesen Anforderungen gerecht zu werden. Diese innovative Kombination von Baumaterialien macht diesen Neubau zu etwas ganz Besonderem. Dies trägt dazu bei, die Umweltbelastung zu reduzieren und die Ressourceneffizienz zu maximieren, indem das Gebäude über viele Jahre hinweg einen nachhaltigen Schutz bietet.
«Durch die gezielte und sparsame Verwendung von Beton wird die Nachhaltigkeit des Bauwerks verstärkt, ohne die grundlegende Holzbauweise zu beeinträchtigen.»
C. Rentsch, Firma Knecht Bauunternehmung AG
Welche weiteren Massnahmen werden ergriffen, um sicherzustellen, dass das Bauvorhaben sowohl ökologisch als auch ökonomisch nachhaltig ist?
In Sachen Nachhaltigkeit ist es uns wichtig, Rohstoffe aus der Region zu beziehen und sie mehrfach zu nutzen. Die Verwendung von recyceltem Beton hilft uns dabei, Ressourcen zu schonen und zum Kreislauf beizutragen. Wir überwachen und verbessern ständig unsere nachhaltigen Verfahren, um eine umweltfreundlichere Bauweise sicherzustellen.
Die Erfahrungen und Rückmeldungen von anderen Baupartnern oder Kunden, die bereits an ähnlichen nachhaltigen Bauprojekten beteiligt waren, sind ausserdem äusserst wertvoll. Sie helfen dabei, bewährte Praktiken zu identifizieren, Herausforderungen zu meistern und die Qualität der Bauvorhaben kontinuierlich zu steigern. In diesem Zusammenhang ist die Zusammenarbeit und der Austausch mit anderen Unternehmen und Fachleuten von entscheidender Bedeutung für den Erfolg bei der Verwirklichung nachhaltiger Bauprojekte.
Nachhaltigkeit ist ein zentrales Anliegen für uns. Wir beziehen unsere Rohstoffe lokal, um den Transportweg zu minimieren und die regionale Wirtschaft zu unterstützen. Das gilt auch für unser Wassermanagement. Beim Zement gestaltet sich die Nachhaltigkeit herausfordernder, da Zement für jede Betonrezeptur unerlässlich ist und gleichzeitig bei hohen Temperaturen gebrannt werden muss. Wir arbeiten eng mit unseren Zulieferern zusammen, um Zementsorten auszuwählen, die zum einen recyceltes Material verwenden und zum anderen weniger Energie benötigen. Als einer der wenigen in der Nordwestschweiz engagieren wir uns aktiv für ECO-Beton und lassen diesen speziell für unsere Bedürfnisse herstellen. Wir testen ihn kontinuierlich, um ressourcenschonender zu werden. Wir sind besonders stolz darauf, in dieser Industriebranche eine Vorreiterrolle einzunehmen. Aufgrund der hohen Anforderungen eines nachhaltigen und erdbebensicheren Bauprojekts wie diesem, kann unmöglich auf Beton verzichtet werden. Um unser Ökosystemen zu schonen, ist es meines Erachtens jedoch wichtig, einen ausgewogenen Ansatz zu verfolgen und die Vorzüge verschiedener Baumaterialien je nach Anforderungen des Bauprojekts, den ökologischen Zielen und den langfristigen Auswirkungen auf die Umwelt abzuwägen. Daher setzen wir uns dafür ein, Beton für die Bauindustrie nachhaltiger zu gestalten und damit einen positiven Beitrag zur Umwelt und unsere Gesellschaft zu leisten.
« Diese innovative Kombination von Baumaterialien macht diesen Neubau zu etwas ganz Besonderem. Wir setzen uns dafür ein, Beton für die Bauindustrie nachhaltiger zu gestalten und damit einen positiven Beitrag zur Umwelt und unsere Gesellschaft zu leisten.»
C. Rentsch, Firma Knecht Bauunternehmung AG
Beeinflusst die Vielseitigkeit von Beton neben der Nachhaltigkeit auch die ästhetische Gestaltung von Bauwerken?
Ja, auf jeden Fall. Trotz seiner Stärke kann Beton auch eine unglaublich schöne Formsprache annehmen, sei es in massiven Strukturen oder in filigranen Elementen wie Stützen und Pfeilern. Er bietet eine breite Palette an Gestaltungsmöglichkeiten, von glatten Oberflächen bis hin zu feinen Strukturen. Diese Vielseitigkeit erlaubt es, kreative architektonische Ideen zu verwirklichen und gleichzeitig eine ästhetische und ansprechende Formensprache zu entwickeln.
«Durch den Einsatz innovativer Materialien und nachhaltiger Methoden setzen wir ein starkes Zeichen für die Zukunft des Bauens.»
Christoph Rentsch, Firma Knecht Bauunternehmung AG
Wie würden Sie die Zusammenarbeit mit der Klinik Arlesheim beschreiben und welche Besonderheiten gab/gibt es in diesem Projekt im Vergleich zu anderen Bauprojekten, an denen Sie beteiligt waren?
Unsere erfolgreiche Zusammenarbeit und das Bauprojekt des Heilmittellabors waren uns ein Herzensanliegen. Mit einem fantastischen Planungsteam und einer großartigen Bauherrschaft konnten wir lösungsorientierte Diskussionen führen und das Projekt erfolgreich umsetzen. Der Klinikneubau eröffnet uns nun neue, zukunftsweisende Wege in der Baubranche. Durch den Einsatz innovativer Materialien und nachhaltiger Methoden setzen wir ein starkes Zeichen für die Zukunft des Bauens. Besonders bemerkenswert ist, dass wir im Arbeitsprozess beobachten, wie sich auch das Bewusstsein unserer Mitarbeitenden schärft. Sie erkennen zunehmend die Bedeutung nachhaltiger Bauweisen und ihre eigene Rolle in diesem wichtigen Prozess. Wir sind stolz darauf, einen Beitrag zu leisten, der sowohl ökologisch als auch ökonomisch nachhaltig ist und die höchsten Standards in Bezug auf Sicherheit und Qualität erfüllt.
«Besonders bemerkenswert ist, dass wir im Arbeitsprozess beobachten, wie sich auch das Bewusstsein unserer Mitarbeitenden schärft.»
Christoph Rentsch, Firma Knecht Bauunternehmung AG